Ein alter Geigenbauer machte seine beste Geige. Und auch die letzte. In der Nacht verstarb der Alte. Und schon am nächsten Tag standen die Geldgeber in seiner Werkstatt. Da die Werkstatt des Meisters genug wert war, um seine Schulden zu decken, interessierte sich niemand für seine Musikinstrumente. Diese konnten sowieso nur wenige richtig bewerten, vom Spielen ganz zu schweigen. Selbst hatte der Geigenbauer selten auf seinen Geigen gespielt. Seine Musik glich mehr einer traurigen Klimperei, wenn er auf die einzelnen Töne hörte, um sie zu stimmen. Die Geldgeber beschlossen, die Musikinstrumente stückweise als Brennholz zu verkaufen. Das trockene und lackierte Holz sollte gut brennen und die „nutzlosen Holzklötze“ ließen sich gut verkaufen. Die Geigen wurden zu einem niedrigen Preis verkauft, die Bratschen waren etwas teurer. Und die Celli erfreuten sich dank ihrer Massigkeit großer Beliebtheit. Eine Geige konnte man im Ganzen in den Ofen werfen und auf ein Cello konnte man zuvor springen, um es in Stücke zu teilen und seine letzte mitleidige Melodie zu vernehmen. Die Geigen des Geigenbauers brannten wirklich gut und nach dem Brennen blieb nur die Asche, die Asche der Musik. Bei leichtem Windhauch flog sie bereits auseinander und schwebte dann lange in der Luft. Am Rosenmontag kamen viele Gäste in die Stadt, in der der Geigenbauer gelebt hatte. Der Karnevalzug bewegte sich langsam und lärmend durch die Straßen zum Markt. Die kostümierten Spielleute und Zauberkünstler unterhielten die fröhlich gelaunten Menschen. Ein junger Student namens Johann war einer von ihnen. Er war auch gut gestimmt, freute sich und lachte. Wie viele in seinem Alter dachte er noch nicht viel über die Vergänglichkeit des Lebens nach, das ihm noch ewig zu dauern schien. Nun kam die Nacht und man machte das große Feuer an. Mit großem Interesse beobachtete Johann eine hübsche Frau mit rundem Gesicht und merkte dabei nicht, wie einige Geigen ins Feuer geworfen wurden. Als aber ein kräftiger Mann die letzte Geige hochhob, um zu zeigen, dass er auch sie jetzt ins Feuer wirft, schauderte es Johann. Wie aus einem bösen Traum erwachend, lief er auf diesen Mann zu und hielt im letzten Augenblick seine Hand fest. Der robuste Mann konnte erst nicht begreifen, was der Student vorhatte und da Johann seine Hand weiter festhielt, verlor der Mann langsam seine gute Stimmung. „Was machen Sie denn? Das ist doch eine Geige!! Eine Geige, verstehen Sie?“, wiederholte Johann wie wahnsinnig und versuchte, die Menge zu überschreien. „Auf Anordnung des Bürgermeisters habe ich die letzten Musikinstrumente aufgekauft, um sie bei der heutigen Feier zu verbrennen“, berichtete der nebenstehende Festordner. „Wie verbrennen? Warum denn verbrennen? Sind Sie bei Sinnen?“, fragte Johann eindringlich. Der Student hatte leider nicht genug Geld, um für die Geige zu bezahlen. „Geben Sie mir die Geige doch mal für einen kurzen Augenblick!“, flehte Johann, „und ich schwöre, dass ich für die Geige bezahle. Lassen Sie mich die Geige spielen und verständige Menschen werden sie ihnen abkaufen. Ich bin mir sicher: ihr Klang wird zauberhaft sein. Lassen Sie die anderen hören!“ So geriet die Geige in Johanns Hände. Neben dem Feuer sah er einen brennenden Bogen. Er ergriff ihn, schlug die Flamme ab und drückte ihn und die Geige an die Brust. Johann berührte vorsichtig die Saiten: Die Geige schauerte erst und dann zitterte sie in seinen talentierten und starken Händen. Sie fing an, melancholisch zu singen und dann brach sie in Schluchzen aus. Die Musik war Engelgesang ähnlich. Als aber der volle himmlische Geigenton still wurde, war es der Menge wieder gleichgültig. Das letzte Werk des Geigenbauers wurde verbrannt. Der erschütterte Student verließ diese fröhliche und lebhafte Stadt für immer. Er machte sein unwürdiges Spiel sich selbst zum Vorwurf, das seiner Meinung nach den guten Namen des Geigenbauers und die zauberhafte Geige, die nur einmal spielte, befleckten.
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