Eines schönen Tages versammelten sich alle Musikinstrumente, um zu entscheiden, wer bei ihnen im Orchester die Hauptrolle spielt. „Zweifelsohne bin ich das allerwichtigste Instrument“, sagte die massige Orgel. „Dem Ausmaß nach zu urteilen, wohl“, stimmte das Englische Horn ironisch zu, „aber der Tonart nach bin ich das allerwichtigste“. „Ich bin aber das allerlauteste und demzufolge bin ich das beste“, sagte die Trommel und fing an, einen Parademarsch zu trommeln. „Nein, so etwas!“, regte sich die Flöte auf, „keines von den Schlaginstrumenten ist von solch außerordentlicher Bedeutung. Und solange ich lebe, wird dies auch so bleiben.“ „Warum denn?“, klirrten die Becken. „Klar, die Trommel kann nicht unter den Besten sein, wir aber! Außerdem sind wir zu zweit“. „Ihr könntet auch zweiundzwanzig sein“, ließ sich der Kontrabass in den Streit ein, „doch kann keiner den Bogen mit solcher Meisterschaft führen wie ich“. „Erlauben Sie mal! Und so was sagen Sie in meiner Gegenwart?“, rief die Bratsche. „Sie sollten sich was schämen! Ich bin doch die Königin aller Streichinstrumente.“ „Alle echten Könige bevorzugten aber immer mich“, sagte das Cembalo stolz. „Das ist jedem bekannt und ich bin stolz auf meine Kunstkenner. Die blaublütigen, wohlbemerkt. Also wäre es genau richtig, wenn ich euer Oberster werde.“ „Dafür kriegst du noch was auf die Mütze!“, schimpfte das Tamburin und die Rassel nickte ihm Beifall. „Was kann man von Schlaginstrumenten schon erwarten? Wenn etwas nicht nach ihrem Geschmack ist, dann drohen sie allen“, warf das Klavier ein und fing ebenfalls an, Anspruch auf Vorrang zu erheben. „Das ist nicht wahr!“, empörten sich die Schellen, „keiner kann so klingen, wie wir es tun. Nicht umsonst nennt man uns die silbernen Stimmen. Wir also sind die wichtigsten und der Streit ist damit geklärt.“ Aber da blies die Trompete: „Schämt euch! Seit Jahren diene ich treu der Tonkunst. Ich habe es verdient, endlich mal gelobt zu werden. Ich bin also das Beste von allen Instrumenten.“ Und da die Musikinstrumente zu keiner Übereinstimmung gelangten, ging der laute Streit bald in eine Schlägerei über. Das Fagott schlug sich mit dem Xylophon, die Oboe mit der Pauke und die Harfe mit der Posaune. Keiner stand dabei abseits und blieb ohne blaue Flecken und Kratzer. Nun aber kam der Taktstock herbei und besah sich alles streng. Ungeduldig schlug er mehrmals auf das Dirigentenpult und alle Musikinstrumente blieben wie angewurzelt stehen. Der Taktstock schwang nach oben und alle fingen an zu spielen und zwar so, wie er es wünschte. Damit war der Streit zugunsten des Taktstockes beigelegt. Ist der Taktstock etwa kein Musikinstrument? Alle, die sich stritten, gaben doch seinen Vorrang vorbehaltlos zu!
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